Düsseldorf, 8. April 2020. In der Diskussion um die neue Corona-Aufnahme-Verordnung des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums für Pflegeheime und Einrichtungen der Eingliederungshilfe schließt sich das Diakonische Werk Rheinland-Westfalen-Lippe (Diakonie RWL) der Forderung zahlreicher Sozial- und Wohlfahrtsverbände an, den Erlass dringend zu überarbeiten.
„Wir tun alles zum Schutz der Menschen, die in unseren Einrichtungen leben, und können die Situation nur bewältigen, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen“; betont Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann. „Doch diese Verordnung wird nicht funktionieren, weil wir weder die räumlichen Kapazitäten noch das Personal dafür haben.“ Das gelte für Alten- und Pflegeheime ebenso wie für Einrichtungen der Behinderten- und Suchthilfe, der Hilfen für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder der Wohnungslosenhilfe.
Getrennte Versorgung führt zu Aufnahmestopp
Die Corona-Aufnahmeverordnung soll Neu- und Wiederaufnahmen von Bewohnerinnen und Bewohnern aus Krankenhäusern oder selbstständigem Wohnen regulieren. Vor der Aufnahme werden sie auf das Covid-19-Virus getestet. Da das Ergebnis nicht sofort vorliegt, müssen die Einrichtungen Quarantänebereiche schaffen, in denen die Menschen für 14 Tage unterkommen können. Für bereits bekanntermaßen Infizierte müssen nochmals gesonderte Isolierbereiche geschaffen werden, so dass insgesamt drei separate Bereiche entstehen.
„Das schaffen viele unserer Einrichtungen nicht, weil sie dafür nicht die geeigneten Räumlichkeiten haben. Selbst wenn Zimmer leer stehen, können diese nach der Verordnung nicht einfach neu belegt werden, denn neue Bewohner oder Krankenhausrückkehrer müssten erst für 14 Tage in Quarantäne- oder Isolierbereiche“, erklärt Heine-Göttelmann. „Das können wir auch personell nicht stemmen. De facto wird die Verordnung in vielen Fällen zu einem Aufnahmestopp führen.“
Isolation im Einzelzimmer statt Quarantänebereiche
Zwar verpflichtet der Erlass die Kommunen einzugreifen, wenn die Kapazitäten der bereits vorhandenen Einrichtungen nicht ausreichen. Dann sollen sie für eine Sonderversorgung Gebäude zur Verfügung zu stellen. Doch das ist dem Diakonie-Chef zu wenig: „Wir können uns keine Abwartehaltung leisten. Kommunen und Träger müssen sich jetzt zusammensetzen und verhandeln, wie Quarantäne- und Isolierbereiche in verfügbaren Gebäuden in der Kommune eingerichtet werden können.“
Einige Kommunen hätten dafür schon Konzepte entwickelt. „Alternativ dazu muss die Verordnung aber auch andere Lösungen im Sinne des Erlasses ermöglichen.“ Gemeinsam mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege NRW bittet die Diakonie RWL Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann deshalb, die Verordnung dahingehend anzupassen, dass eine Isolation im eigenen Einzelzimmer ausreicht und nur pro Schicht einzelne Mitarbeitende für die Pflege und Betreuung eingesetzt werden. Auch sollte die Landesregierung mit allen Kräften dafür sorgen, dass Mitarbeitende und Bewohner das dringend benötigte Schutzmaterial sowie eine flächendeckende Testung erhalten.
Eilschreiben an Minister Lauman
Das fordert auch die Praxis vor Ort. Die Rheinische Gesellschaft für Innere Mission und Hilfswerk hat sich dazu bereits in einem Eilschreiben an Minister Laumann gewandt. Auch die „Ruhrgebietskonferenz Pflege“, eine verbands- und trägerunabhängige Arbeitgeberinitiative von Pflegeanbietern im Ruhrgebiet, unterstützt diese Forderung.
„Unsere Einrichtungen haben die Kompetenz, die Krise zu bewältigen. Darauf kann die Politik bauen“, betont Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann.
Diakonie RWL
Das Diakonische Werk Rheinland-Westfalen-Lippe e.V. ist der größte diakonische Landesverband und einer der größten Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. Es erstreckt sich über Nordrhein-Westfalen, Teile von Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Hessen. Die Diakonie RWL repräsentiert rund 5.000 evangelische Sozialeinrichtungen, in denen 330.000 Mitarbeitende hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig sind.